Ende 2013 wurde das Gymnasium Borbeck als eines der NRW-weit 13 Gymnasien herausgestellt, welches am Modellversuch teilnimmt, wieder zur neunjährigen Gymnasialzeit zurückzukehren (WAZ 15.11.2013). Lehrer und Eltern bewerteten den Versuch im Wesentlichen als positiv und gaben der Hoffnung Ausdruck, daraus ein dauerhaftes Angebot werden zu lassen.
Was mich dabei etwas irritiert, ist die Tatsache, dass im Grunde genommen ein altes, bewährtes Modell nun als neuartig oder gar exotisch dargestellt wird, insbesondere seitens der Landesregierung. Tatsächlich mehren sich die Stimmen, dass das sehr stürmisch eingeführte G8-Modell an vielen Stellen unausgegoren ist. Auf Kosten der Schüler, Eltern, Familien und letztlich auch Lehrer wurde hier eine Systemänderung vorgenommen, die sich in der Theorie zwar gut anhört, in der Praxis jedoch vielerorts katastrophal umgesetzt wurde.
Das funktionierende G9-Modell einfach aufzugeben, ohne den Schulstoff systematisch auf den Zeitraum von 8 Jahren reduziert oder komprimiert zu haben, ist keineswegs gesund. Nicht umsonst treffe ich häufig Kinder und Teenager, die wöchentlich weit mehr Stunden in und mit der Schule verbringen, als viele erwachsene Arbeitnehmer. Lehrer sehen sich oft gezwungen, den Schulstoff im Schnellverfahren zu durchlaufen oder vieles auf die Hausaufgaben und selbstständige Erarbeitung durch die Schüler zu verlagern. Offensichtlich hat es hier wesentliche Versäumnisse bei der Stoffanpassung gegeben.
Der Wunsch nach einer kürzeren Schulzeit mag verständlich sein. Doch wenn Schüler einer so viel höheren Stressbelastung ausgesetzt sind, sollte dringend eine inhaltliche Überarbeitung erfolgen, oder darüber nachgedacht werden, ob G9 wirklich so schlecht war. Die Begegnungen mit Betroffenen im Rahmen meines Berufsalltages lassen zumindest für mich den Schluss zu, dass ein Gymnasium Borbeck nicht ein Modellversuch, sondern ein Standard sein sollte – zumindest bis man ein gesundes inhaltliches Gerüst für einen realistischen G8-Betrieb gefunden hat.